Antwort Imke Pirch - DIE LINKE

· Aktuelles

12.02.2021

Sehr geehrte Damen und Herren des Familienbund der Katholiken Baden-Württemberg,

herzlichen Dank für Ihr Schreiben und auf diese Weise die Möglichkeit zu bekommen mich mitzuteilen und vorzustellen.
Ich hoffe sehr, dass wir als Linkspartei in den Landtag einziehen undsomit an dem Gespräch mit Ihnen nach der Wahl teilnehmen dürfen.

Zu Ihren Fragen:

Ist unsere Demokratie gefährdet?

Ja. Ich sehe eine Bedrohung durch rechtsextremen, antidemokratische Bewegungen. Daher ist es mir umso wichtiger, jetzt klar Position zu bewziehen. Die Rede von Frau Dr. Knobloch am Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus am 27.1.21 im Bundestag fand ich sehr stark, da sie die AfD direkt angesprochen hat. Es muss klare Kante gegen Rechts gezeigt werden! Antidemokratische Bewegungen müssen mit geeigneten ss rechtsextreme Bewegungen, die die Unsicherheit und Ängste von Menschen bzgl. der Pandemie ausgenutzt haben, derartig viel Fläche für Stimmungsmache bekommen haben, entsetzt mich. DIE LINKE. möchte Antifaschismus und Antirassismus in der Landesverfassung verankern.

In der Pandemie sehen wir, wie wichtig es ist, dass ein breites Verständnis für die Situation herrscht. Das ist wichtig für die nötige Solidarität. Die Opposition im Bundestag - und darunter besonders laut DIE LINKE. - forderten, dass das Parlament aus den Entscheidungen nicht ausgegrenzt werden darf. Es ist nun einmal schwer alle Intressengruppen abzubilden, allen Lebensrealitäten gerecht zu werden bzw. abzuwägen, wo mehr belastet werden kann und wo dringend Entlastung nötig ist. Durch ein Parlament ist dieser ganzheitliche Blick eher gewährt. Der Ausschluss des Parlaments bei Entscheidungen, die die Grundrechte betreffen, ist eine Einschränkung der Demokratie, für die es zu diesem Zeitpunkt keine rechtfertigende Argumentation mehr gibt. Es wurde wieder rückgängig gemacht, allerdings deutlich zu spät. Wir müssen daraus für die Zukunft lernen und für kommende Krisensituationen die parlamentarische Handlungsfähigkeit sichern.Wir sind generell für mehr Demokratie: Wir fordern z.B. einen Branchenrat aus Unternehmen, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Politik um die Transformation der Industrie zur nachhaligen Produktion voranzutreiben. Wir sind für Stärkung der Vertretungsgremien der Schüler:innen und Eltern in den Schulen. Sowohl durch die sozio-ökologische Transformation, als auch im Bildungssystem stehen große Veränderungen an (hoffentlich! Denn sie sind dringend nötig. DIE LINKE. ist die treibende Kraft für diese Veränderungen). Damit bei den Veränderungen nicht die Lebensrealität von Menschengruppen übergangen werden und diese Veränderungen mitgetragen werden können, muss die Bevölkerung daran beteiligt werden. Eine Reform des Volksabstimmungsgesetzes, damit nicht weiterhin 35% der Volksanträge alleine an der Form scheitern und das, nachdem bereits im großen Stil Unterschriften gesammelt wurde. Und um ein letztes Beispiel zu nennen: Wir möchten schleunigst das Wahlrecht reformieren, damit Frauen* und Männer* endlich gleichberechtigt sind (Listenwahl und Partiégesetz).

Mit welchen Strategien bewältigen wir die Schuldenlast?

Wenn wir bei dieser Frage an die kommenden Generationen denken, dann müssen wir uns klar machen, dass wir ihnen keinen Gefallen damit tun wichtige Infrastrukturen kaputt zu sparen. Wir müssen also Investitionen tätigen, um etwas FÜR die künftigen Generationen zu tun. Ökonom:innen bestätigen das, wie z.B. Dirk Ehns, und sie bestätigen, dass diese straffe Sparpolitik nicht nötig ist. Außerdem liegen auf den Krediten für die Bundesländer Zinsen, die gegen Null gehen, für den Bund sind es sogar Negativzinsen.Die Linkspartei setzt außerdem auf eine solidarische Steuerpolitik, die die starken Schultern mehr belastet. Wir müssen gegen die immer weiter auseinanderklaffende Schere zwischen arm und reich angehen und das bedeutet größere Vermögen zu besteuern und eine Reform der Erbschaftssteuer. Diese Gelder kämen dem Land direkt zugute. Der Ungleichheitsforscher Thomas Piketty hat nachgewiesen, dass sich Gesellschaften wirtschaftlich besser entwickeln, wenn sie soziale Ungleichheit eindämmen. Für bazahlbaren Wohnraum für alle zu sorgen (mehr sozial geförderter Wohnungsbau, Mietendeckel, -moratorium) ist ein Teilbereich, um gegen soziale Ungleichheit vorzugehen, was letztlich die Wirtschaft entlast, wie Bsp. aus dem Ausland belegen. Die Wirtschaftsstruktur in Baden-Württemberg ist überwiegend von kleinen und mittelständigen Unternehmen geprägt. Wir wollen die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickeln, die mit höheren Freibeträgen kleinere Unternehmen entlastet und durch Staffelung größere Unternehmen stärker belastet. Wir wollen, dass die Großunternehmen, die sich mit zum Teil dubiosen Steuertricks am Fiskus vorbeischleichen, endlich angemessen besteuert werden! In Versicherungen wie einer Pflegevollversicherung, die wir fordern, oder einer Bürger:innenversicherung, die wir dem Zwei-Kassen-System im Gesundheitswesen vorziehen, soll solidarisch eingezahlt werden, also auch Gewinne aus Mieteinnahmen und Aktiengeschäften. Außerdem sollen alle dort einzahlen, also auch Bundestagsabgeordete, Privatiers und Selbstständige. Das Bewältigen der aufgenommenen Kosten durch die Krise ist aber vor allem durch eine Besteuerung der Vermögen von >1Mio Privatvermögen (unverschuldet!) und >5Mio bei Unternehmen, möglich. Deutschland nimmt im Vergleich zu anderen OECD Ländern kaum Steuergelder über Vermögen ein und die Zahl der Milliorä:innen ist um 58.000 während der Pandemie gestiegen. Solidarisch aus der Krise!

Wie wollen Sie das Prinzip der Nachhaltigkeit als Entscheidungsträgerin umsetzen?

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind die beiden Prämissen, die niemals von einander getrennt werden dürfen, und nach denen wir und ich das Handeln und alle Entscheidungen ausrichten. Wir müssen jetzt den sozio-ökologischen Wandel ankurbeln. In den letzten 10 Jahren ist dahingehend zu wenig passiert und Klimaforscher:innen bestätigen diesen Zeitdruck. Weil große Konzerne oft der Profitlogik folgen und nicht das Gemeinwohl zum obersten Ziel haben, müssen wir hier lenken. D.h. Wirtschaftsförderungen und öffentliche Auftragsvergabe müssen an ökologische und soziale Kriterien geknüpft sein. Soziale Kriterien, weil die Arbeitnehmer:innen bei der Transformation mitgenommen werden müssen, z.B. durch Fortbildungsangebote oder Arbeitzeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Wir wollen das Prinzip der Nachhaltigkeit auf alle Bereiche anwenden: Neubauten müssen mit Photovoltaik ausgestattet sein und energieeffizient gebaut sein (z.B. Geothermie), keine neuen Straßen bauen, s durch soziale, kulturelle, Gesundheits-Einrichtungen vor Ort, ÖPNV ausbauen und perspektivisch kostenfrei (andere Städte und Länder machen es uns vor, dass das geht), Güterverkehr auf die Schienen, regionale Wirtschaftskreisläufe fördern, ein Lieferkettengesetz, dass Nachhaltigkeit über Ländergrenzen hinaus einfordert, ... Wir müssen JETZT in Infrastrukturen investieren, die Nachhaltigkeit langfristig möglich machen.

Ich bedanke mich an Ihrem Interesse an meiner Meinung und an den Positionen meiner Partei. Für weitere Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Danke für Ihr Engagement und bleiben Sie aktiv und gesund.

Es grüßt Sie

Imke Pirch