Antwort Christine Treublut - SPD

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 18.02.2021 19:14 >>>

Sehr geehrter Herr Hagedorn, sehr geehrter Herr Heiss,

 

Danke für Ihre Anfrage, die mich über den Ortsvereinsvorsitzenden Herrn Jens Reinbolz erreichte.

Mein Name ist Christine Treublut (der Südkurier hatte leider Frau Teuerblut aus mir gemacht) und ich kandidiere für die SPD im Wahlkreis Tuttlingen- Donaueschingen. Idealer Weise sind persönliche Meinung und Meinung der Partei, für die man kandidiert weitgehend deckungsgleich. Vermeintliche Unterschiede ergeben sich eher in der Konkretisierung, da ein Wahlprogramm ja eher allgemein gehalten werden muss.

- Ist unsere Demokratie gefährdet?

Diese Frage lässt sich weder mit einem eindeutigen Ja noch Nein beantworten. Demokratie lebt von Bürger/inne/n, die sich aktiv für das Gemeinwohl einsetzen, ihre ihnen zustehende Rechte einfordern und Mitwirkungsmöglichkeiten nutzen und schaffen. Leider sehe ich zwei unterschiedliche Trends, die zur Zeit meiner Ansicht nach zwar (noch) nicht bedrohlich sind, aber langfristig „unbeantwortet“ die Demokratie gefährden könnten. Ein Teil der Bevölkerung nimmt bewusst Mitwirkungsmöglichkeiten (z.B. das Wahlrecht) nicht wahr, sei es aus Bequemlichkeit oder einer Haltung heraus, dass Wahlen nichts bewirken könnten, da sie sich nicht repräsentiert fühlen. Das sind sicherlich nicht alles „Demokratiemuffel“, sie sichern aber nicht die Errungenschaften, die in Jahrhunderten von unseren Vorfahren erkämpft worden sind. Es stellt sich ja auch die Frage, wie legitim eine Regierung ist, wenn die Wahlbeteiligung (wie z.B. bei einigen Landtagswahlen in Ostdeutschland) unter 50% sinkt. – Zum anderen formieren sich Parteien und Verbände, die eindeutig rechtsradikal, teilweise rechtsextrem sind, da sie das System der Bundesrepublik, das für Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit steht, ganz oder in Teilen ablehnen. Schätzungen zu Folge haben 7 bis 8 Prozent der Deutschen ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild, an diese Bürger heran zu kommen, ist schwierig. Bedenklich finde ich, wenn Mitläufer und Clacquere die Kleinst- und Randparteien groß werden lassen. Das funktioniert ja auf mehreren Ebenen: „Altparteien“ pauschal als Gegner diffamieren (anstatt konkretes Regierungshandeln oder konkrete Gesetze zu kritisieren) und sich als vermeintliche frische Protestpartei oder (jetzt wird es gruselig) Bürgerrechtsbewegung zu präsentieren. Gerne werden vollkommen absurde, die Würde der Opfer verletzende Vergleiche zwischen aktueller Regierung und NS-Diktatur gezogen. Wenn begründeter Widerspruch nicht entkräftet werden kann, wird einfach ein anderes Thema angeschnitten. An ernsthaftem Diskurs ist kein Interesse. Die Entzauberung des schamlosen Budenzaubers ist zeitaufwendig, aber lohnend.

- Mit welcher Strategie bewältigen wir die Schuldenlast?

Die Vermeidung neuer Schulden in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie einigermaßen abgefedert werden konnten, auch wenn natürlich nicht jede Einbuße 1 zu 1 aufgefangen werden konnte. Das halte ich auch für sinnvoll. Die Antizyklische Fiskalpolitik hat aber ZWEI Seiten, das wird von manchen gerne übersehen. Nach der Aufnahme von Schulden in der Wirtschaftskrise zur Belebung der Nachfrage, müssen die Schulden in Zeiten der Hochkonjunktur (und die wird kommen) wieder konsequent zurückgeführt werden. Es gibt ja nicht nur Verlierer der Krise, sondern auch Gewinner. Einige Unternehmen konnten sich (da Konkurrenz durch den Lockdown vermindert war) ein goldenes Näschen verdienen. Der Online-Handel floriert, aber die Gewinne werden nicht unbedingt in Deutschland angemessen versteuert. Internationale Unternehmen suchen sich in der EU das Land mit den geringsten Steuern aus, machen aber Geschäfte in der ganzen EU. Diesen Missstand gilt es zu bekämpfen, d.h. das dort versteuert werden muss, wo Gewinne generiert werden. Zudem halte ich eine einmalige Vermögenssteuer für vertretbar und angemessen. Niemand wird ungerecht behandelt, wenn an seiner 2. oder 3. Million Privatvermögen etwas angeknabbert wird. Die pauschale Forderung, dass alle Unternehmen steuerlich entlastet werden müssten, um die Wirtschaft zu beleben und neue Steuereinnahmen zu ermöglichen, hat ja schon in den 80er Jahren nicht wirklich geklappt. Reaganomics und Thatcherismus haben ja eher zur Spaltung der Gesellschaft geführt.

- Wie wollen Sie das Prinzip der Nachhaltigkeit als Entscheidungsträger*in umsetzen?

Binsenweisheit Nr. 1: Das Persönliche ist politisch und das Politische persönlich. Natürlich muss es konkrete gesetzliche Vorgaben geben, aber ohne das Engagement jedes einzelnen wird es schwierig, den Klimawandel zu bremsen. Öfters das Rad statt das Auto nehmen, lieber die Bahn als unsinnige Flüge innerhalb Deutschlands. Keine Einwegverpackung, wenn auch eine Mehrwegverpackung möglich ist, usw. Um das 1,5 Grad Klimaziel zu erreichen, muss die Energiewende noch beherzter angegangen werden. Gerade Familien mit geringerem Einkommen fürchten natürlich höhere Energiepreise. Aber fairerweise muss man dazu sagen, dass Atomenergie NIE günstig war, da die Gewinne privatisiert, die Kosten sozialisiert wurden. Der Ausstieg aus dem Atomausstieg war fatal und die erneute Wende nach Fukushima verzögert sich dementsprechend. Für die immer noch im Kohleabbau Beschäftigten muss es konkrete Arbeits- und Weiterbildungsmaßnahmen geben.

Soweit das Land das vorantreiben kann, muss die Bahninfrastruktur verbessert werden. Das Modell Billigfluglinie muss auch Umweltkosten berücksichtigen. Aber das darf kein „Freikaufen“ werden. Das Recyclingsystem ist absurd, nur ein kleiner Teil wird tatsächlich in Deutschland recycelt, ein Teil wird verbrannt, ein anderer in Drittstaaten zur weiteren Nutzung verschifft. Und da wundern wir uns, dass immer mehr Müll in den Meeren landet? Es ist technisch möglich aus Altplastik neue Verpackungen herzustellen. Da die Herstellung neuer Verpackungen aber günstiger ist, passiert das viel zu wenig. Der z.Z. niedrige Rohölpreis auf dem Weltmarkt verschärft die Lage. Da muss dringend nachjustiert werden, vielleicht durch Subventionierung des Recyclings.

Das kann so auf Ihrer Homepage veröffentlicht werden.

Falls ich zu lang, zu kurz oder zu wenig konkret geantwortet haben sollte, haken Sie bitte nach.

Mit freundlichen Grüßen,

Christine Treublut, 78532 Tuttlingen

 

Weitere Informationen auf meiner Homepage und meiner fb-Seite.
https://www.christinetreublut.de/
https://www.facebook.com/c.treublut.spd